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Lehrfahrt der Bezirksforstinspektion Imst/Silz Teil 1

in BFI-Imst

Die Geschichte zum Kaunerberger - Hangkanal

Die heurige Lehrfahrt der Bfi Imst/Silz führte uns nach Kaunerberg.Der erste Programmpunkt war die Besichtigung des Kaunerberger Hangkanals. Unter fachkundiger Führung des Obmannes vom Kaunerberger Hangkanal, Neuner Engelbert sowie dem Leiter der Bfi Ried Di. Ing. Beer Alois und des Waldaufsehers Nigg Josef besichtigten wir den Hangkanal, gingen durch den ca. 1km langen Gallruthstollen bis zu den Auffangbecken der Zubringer.

 

Zum Kaunerberger Hangkanal:Der Hauptinitiator und Motor am Zustandekommen dieses Großprojektes war Oberbaurat Fritz Zelle vom Kulturbauamt Landeck.

 

Er beschäftigte sich seit 1940 mit dem Kaunerbergerhang und der für dieses Gebiet charakteristischen Niederschlagsarmut. Seinen Schilderungen zufolge habe ihm das Herz weh getan beim Anblick sowohl der gesamten Fläche aus der Ferne, als auch der einzelnen Wiesen, Feldern und ärmlichen Weideflächen, weil jede Ansicht Bestätigung größten Wassermangels war. So ließ ihm die Idee, dieses Gebiet ausreichend mit Wasser zu versorgen nicht mehr los. Nun fielen seine Ideen in den Kriegsjahren und nach Kriegsende den fehlenden Geldmitteln zum Opfer. Es herrschte überall große Not, die Bevölkerung war unmöglich im Stande selbst für kleinere Projekte die Geldmittel aufzutreiben. Ebenso die Gemeinden das Land und der Bund.

 

Große Hoffnung erweckte in diesen Situationen die umfangreiche Hilfe, welche die Vereinigten Staaten für den Wiederaufbau Europas in Aussicht gestellt hatten.

 

Am 8. Februar erhielt Österreich im Rahmen der United Nations- Relief and Rehabilitation Administration (UNRRA) Lebensmittel, Kleider, Fahrzeuge, Saatgut und Düngemittel im Wert von 137 Mio. Dollar, die vorwiegend von den USA zur Verfügung gestellt wurden. Aus den Erlösen wurde seinerzeit ein Fond gebildet, aus dem wiederum Projekte gefördert wurden, mit denen die Wirtschaft Österreichs verbessert werden sollte.

 

Nachdem Baurat Zelle, von der Idee den Kaunerberghang mit Wasser vom Gletscherbach aus dem Gallruth zu bewässern, immer mehr fixiert war, begab er sich im Mai 1947 mit einem Ministerialrat Wippel ins Gallruth und führte ihn über den Kaunerberghang nach Kauns und weiter nach Faggen.

 

In der Folge legte Zelle beim Landeskulturamt und beim BM für Land – und Forstwirtschafteinen Entwurf vor. Daraufhin fand mit einigen Herren vom Land und Bund eine Begehung statt. Dabei wurde darauf verwiesen, dass es sich hier um das niederschlagärmste Gebiet Tirols, ja sogar von ganz Österreich handelt.

 

Als Untermauerung konnten folgende Aufzeichnungen von Jahresniederschlagsmengen vorgelegt werden.1923 – 585mm;

1936 – 580mm; 1943 – 500mm; 1946 – 550mm.Weiters wurde darauf verwiesen, dass auf Grund der alljährlichen Trockenheit bereits die ersten Höfe aufgelassen wurden und die Menschen abwanderten.

 

Das vorgesehene Projekt könnte nicht nur mithelfen die Erträge zu steigern und die Qualität zu verbessern, sondern trage auch entscheidend zur Festigung der Besitzstrukturen bei.

 

Eine Realisierung dieses riesigen Projektes ließen die für solche Situationen vorgesehenen UNRRA Hilfsmittel immer wahrscheinlicher werden. Ausgegangen wurde von einer zu bewässernden Fläche von 466 ha in den Gemeinden Kaunerberg, Kauns und Faggen.Damals durchgeführte Wassermessungen beim Gallruthbach und anderen Zubringern ergaben folgende Werte:Gallruthbach – 280 l/s Mindestmengeandere Zubringer – 80 l/s Mindestmengedies ergab eine zur Verfügung stehende Wassermenge von 360 l/s zur trockensten Zeit des Jahres.

 

Vertreter der Interessentschaft appellierten an das BM für Land- und Forstwirtschaft sich dafür einzusetzen, dass für das Projekt Mittel des UNRRA Hilfsfonds bewilligt werden und der Bau möglichst rasch beginnen könne. Darauf hin wurde das Kulturbauamt mit der Detailplanung beauftragt. Ausgegangen wurde damals von einem Kostenvolumen von 3 Mio. Schilling und 72.000 Arbeitsschichten. An Materialien sah die Kalkulation den Bedarf von 90.000 lt Dieselöl, 2.800 Meter Bohrerstahl, 290 kg Nägel, 1.200 Tonnen Zement, 500 fm Rundholz und 170 m3 Schnittholz, 8.290 m3 Bruchsteine, sowie 4.650m3 Kies, Sand und Schotter vor. Mit der Baustelleneinrichtung wurde noch im Herbst 1947 begonnen.

 

Die endgültige Zusage der Geldmittel aus dem UNRRA Hilfsfonds erfolgte am 18. Dezember 1947.

 

Noch einige technische Daten zum Hangkanal:Länge der Bewässerungsanlage 12 km Querschnitt des Kanals 60 x 60 cm Herzstück der Anlage, der 990 Meter lange Stollen hin zur Gallruthalm und somit in die Nähe des Gletscherbaches. Es waren aber noch mehrere kürzere Stollen mit einer Gesamtlänge von 500 m erforderlich, womit also insgesamt 1.500m des Bewässerungskanals unter Tag verlaufen.

 

Die Geldmittel langten nach und nach in Teilraten ein und flossen von nun an unter dem Titel ERP-Mittel (Europäisches Wiederaufbauprogramm), die Ausschüttung der Geldmittel erfolgte durch das BM für Land- und Forstwirtschaft. Vorgesehen war eine 90%ige Förderung, die restlichen 10 % waren von den betroffenen Gemeinden und von den Bauern als Interessentenbeitrag zu leisten.

 

Da der anfänglich geschätzte Kostenrahmen schon viel zu früh gesprengt wurde, kam es zu finanziellen Engpässen und somit zu einer Einstellung des Projektes. Erst nach Intervention der betroffenen Gemeinden und des Kulturbauamtes beim BM für Land- und Forstwirtschaft wurden die ERP-Mittel aufgestockt und die Fertigstellung des Projektes zugesagt. Die Gesamtkosten des Projektes beliefen sich letztendlich auf 12 Mio. Schilling. An Materialien wurden folgende Mengen aufgewendet: 24.000 m³ Bruchsteine, 8.000 m³ Sand, Kies und Schotter, 260 Waggon bzw. 2.600 Tonnen Zement, 2.100 m Gleisanlagen, 18.000 kg Sprengmittel, die anfänglich berechnete Treibstoffmenge wurde auch um ein Mehrfaches überschritten. An Holz wurden tatsächlich 960 fm Blochholz und 110 fm Brennholz benötigt.

 

Der Durchschlag des Gallruthstollens erfolgte im Mai 1950.Die Wassergenossenschaft wurde im Juli 1952 gegründet. Die Einweihung und Eröffnung der Anlage fand am 2. und 3. Oktober 1954 statt.

 

In den Nachkriegsjahren wo die Arbeit und damit auch die Verdienstmöglichkeiten sonst äußerst rar waren, bot dieses Großprojekt doch bis zu 120 Männern aus der ganzen Umgebung Arbeit und Verdienstmöglichkeit. Als die größte Schwierigkeit während der ganzen Bauzeit stellte sich die Herbeischaffung des Materials heraus.

 

Im letzten Jahr wurde die vier Jahre dauernde Generalsanierung des Kanals und des Gallruthstollens abgeschlossen. Somit ist die Anlage auf ihrer gesamten Länge von 12 km wieder voll funktionsfähig, und hilft somit wieder vielen Bauern das kostbare Nass auf ihre Kulturgründe zu bringen und diese vor größeren Trockenschäden zu schützen.

 

Abschrift zur Verfügung gestellt von Waldaufseher Nigg Josef.

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